Musik von der Grünen Insel

Patrick Steinbach und Wolfgang Löll stellen den irischen Komponisten Turlough O´Carolan vor.
Der 1670 geborene Farmerssohn verlor als Siebzehnjähriger sein Augenlicht. Er lernte Volksmelodien auf der Harfe spielen und wurde Wandermusiker. Als bedeutender und letzter Vertreter einer aussterbenden Zunft war er in der irischen Folklore verwurzelt, verband die Melodien jedoch mit Elementen der italienischen Barockmusik.

Patrick Steinbach wirkt u.a. an der Heusenstammer Musikschule als Gitarrendozent. Er ist begeisterter Liedersammler, Herausgeber zahlreicher Lehrwerke über Irish Folk und veranstaltet Workshops. Durch viele Reisen in seine zweite Heimat hat er sich einen Namen als Irlandkenner und Spezialist für Folkmusik gemacht.

Zusammen mit Wolfgang Löll veranstaltet er gern irische Abende. Die beiden Kollegen gaben das Notenbuch O’Carolan´s Dream heraus. Löll schrieb die Klaviersätze zu den einstimmig überlieferten Melodien. Der Komponist und Pianist ist Dozent an der hiesigen Musikschule.

O´Carolans Kompositionen erklingen auf Klavier, Gitarre und auch auf einer Oktavmandoline, einer neuen Sonderanfertigung für den Gitarristen. Steinbach wird außerdem viel über den Komponisten und über irische Musik erzählen.

Hörproben

Princess Royal
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Morgan Magan
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Fotos: Marc Strohfeldt

Foto: Privat

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Weitere Informationen zu Turlough O´Carolan (1670-1738)

Folgender Artikel von Patrick Steinbach erschien in der Irland Edition | Nr. 8 im April 2010:

„Kein anderes Instrument wird so stark mit einem Land assoziiert wie die Harfe mit Irland. Kein anderes Instrument trägt solch eine Sehnsucht in seinem Klang. Und niemand anderes als ein junger blinder Mann, Sohn eines einfachen Farmers aus dem County Meath, hat dieses Instrument geadelt und der Nachwelt ein reichhaltiges Erbe hinterlassen, auf das die Iren zu Recht so stolz sind.

Sein irischer Name ist Toirdhealbhach O´Cearbhallain, besser bekannt als Turlough O´Carolan. Und sein erstaunlicher Werdegang reicht vom Farmersjungen bis zum bedeutendsten irischen Komponisten. Im Alter von 17 Jahren erkrankte der junge Turlough an den Pocken (smallpox) und verlor durch diese schwere Krankheit für immer sein Augenlicht.

Die Arbeitgeberin seines Vaters, Mrs Anne MacDermott Roe von Alderfold, hatte großes Mitleid mit ihm und beschloss, ihn zu sich in ihre Familie mit aufzunehmen. Er solle die gleiche Erziehung und Ausbildung bekommen wie ihre eigenen Kinder. Sozusagen als Trost für seine Blindheit könne er ein Instrument erlernen. Einmal in der Woche kam dann ein Harfenlehrer ins Haus und unterrichtete ihn im Spielen alter irischer Weisen.

Als Carolan 21 Jahre alt war, wurde er mit einem Pferd, einem Begleiter und etwas Geld ausgerüstet und auf Wanderschaft geschickt, wie es sich dem damaligen Brauch nach für Musiker gehörte. Er bereiste weite Teile Irlands und machte sich vor allem als Komponist einen Namen. Turlough O´Carolan gilt als der irische Nationalkomponist, von dem etwas mehr als 200 Kompositionen überliefert sind.

Carolans großer Verdienst bestand darin, äußerst gekonnt traditionelle irische Musik mit der italienischen Barockmusik zu verbinden. Carolan war ein großer Bewunderer Vivaldis.

Er soll sich einst im gleichen Landhaus zusammen mit dem Geigenvirtuosen und Vivaldi Schüler Francesco Geminiani, der 1762 in Dublin gestorben ist, aufgehalten haben. Er lauschte gebannt den Improvisationen und Klängen des Weitgereisten, und als er mit dem Spielen aufhörte, ging Carolan mit seiner Harfe ehrfurchtsvoll in den Raum und habe sein legendäres „Carolans Concerto“ dazu als Antwort gegeben. Gekonnt fügt er hier italienisch klingende Wendungen in ein übergroßes irisches Reel ein und lässt es eben konzertanter klingen.

Es steht außer Zweifel , dass die drei Jahre, in denen Carolan sein Instrument spielen lernte, zu kurz waren, um aus dem talentierten jungen Mann einen wirklich virtuosen Harfenspieler zu machen. Hätte er früher zu spielen angefangen und eine wirklich umfassende musikalische Ausbildung gehabt, wäre ihm die Anerkennung auch auf internationaler Ebene sicher gewesen.

Manche seiner wohlhabenden Gastgeber, bei denen Carolan auf seiner Wanderschaft unterkam, hatten ein kritisches Ohr, war die Harfe doch ein häufig gespieltes Instrument, welches man gut vergleichen konnte. George Reynolds aus Lough Sgur im County Leitrim riet ihm unumwunden, sich vielleicht doch eher auf das Komponieren zu verlegen. An so etwas hatte Carolan bis dahin nicht gedacht. Er machte sich aber gleich an die Arbeit und komponierte sein erstes Stück, das berühmte Sheebeg and Sheemore (der kleine und der große Feenhügel), welches auch George Reynolds gut gefiel. Hätte sich Carolan von da an nicht ganz dem Komponieren gewidmet, wir würden heute nichts mehr von ihm wissen.

Turlough O´Carolan pflegte seine Stücke, die meist Widmungen oder Lobgesänge an seine Gastgeber waren, unterwegs zu komponieren, so dass sie fertig waren, wenn er ankam. Dort wurden seine Melodien von einem Musikkundigen notiert und gingen quasi so in den Familienbesitz über. Dies ist auch der Grund, warum so viele seiner Kompositionen die Wirren der Zeit überstanden haben. Es ist der unermüdlichen Arbeit der Liedersammler (Collectors) zu verdanken, allen voran Edward Bunting, der 1792 das letzte große Belfast Harpfestival organisierte, dass wir heute über solch einmalige Zeitdokumente verfügen.

Carolan war irisch sprechender Katholik. Er spielte seine Harfe in Gasthäusern und Pubs, unter freiem Himmel, auf Hochzeiten und in den Landhäusern wohlhabender Grundbesitzer. Er war ein guter Freund von Jonathan Swift und wird als trinkfreudiger und temperamentvoller Zeitgenosse beschrieben.

Als Blinder verfügte Carolan über ein untrügliches Gehör. Sich seiner besonderen Begabung bewusst, stachelte er oft andere Musiker dazu an, eine Wette mit ihm einzugehen. Er könne sich jede Melodie merken, egal wie lange sie auch sei, und danach auf seiner Harfe fehlerfrei wiedergeben. Umgekehrt solle es der andere Musiker doch mal versuchen, eine Melodie von ihm nachzuspielen. Zur großen Frustration seiner Mitspieler gewann Carolan jede Wette.

Das Wort Planxty ist wohl Carolans eigene Wortschöpfung, die sich in vielen seiner Titel wiederfindet. Es soll sich von dem irischen Sláinte ableiten und bedeutet bei ihm soviel bedeutet wie „zum Wohle auf“ oder „zu Ehren von“. So gibt es Stücke wie PLanxty Kelly oder Planxty Irwinâ, die als musikalische Widmungen gedacht sind.

Manche seiner Titel beziehen sich auf lokale Geschehnisse oder Ereignisse, die in der Bevölkerung diskutiert wurden, so auch sein Lamento für einen gewissen Squire William Wood. Der erwarb sich im Jahr 1724 bei der britischen Krone für viel Geld das Recht Kupfer abzubauen und Münzen zu prägen. Doch weil das neue Zahlungsmittel das Konterfei der englischen Königin zeigte, wurde es von der Bevölkerung rundweg abgelehnt. Squire Woods Ruin war damit besiegelt.

Turlough O´Carolan war verheiratet mit einer gewissen Mary Maguire und hatte sieben Kinder. Sechs Töchter und einen Sohn. Die Familie lebte in Mohill, County Leitrim, während er umherreiste.

Carolan hatte einen ihn weit voraus eilenden Ruf. Man sagte, er würde nachts die Musik der Feen hören und würde sie lediglich versuchen nachzuspielen. Vielleicht ahnte man aber bereits, dass es hier wohl der letzte seiner Art sein könnte. Niemand in der irischen Musikgeschichte hat einen derartigen Einfluss auf spätere Generationen von Musikern gehabt wie er. Als höchster Vertreter irischer Klassik wird Turlough O´Carolan heute von Musikern aller Sparten verehrt. Auch geht die Rede, dass in jedem guten Konzert mit irischer Musik mindestens ein Carolan gespielt werden sollte.

Seinen nahen Tod erahnend kehrte er im Alter von 68 Jahren zurück zum Landhaus der MacDermott Roes. Schon schwer erkrankt stand er im Türrahmen und bat um einen letzten Schluck Whiskey. Nach dieser Stärkung spielte er zum letzten Mal in seinem Leben sein geliebtes Instrument. Sein Farewell to Musicâ ist eines seiner traurigsten Stücke. Carolan wurde in der Familiengruft der MacDermotts beigesetzt. Jedes Jahr im Sommer findet ihm zu Ehren in Kilronan ein Harfenfestival statt, auf dem es die begehrte Carolan-Trophäe zu gewinnen gibt.

Leider hat die originale Harfe Carolans selber die Wirren der Zeit nicht überlebt. Sein Sohn ging mit ihr nach London, wo er sie in einem Pfandleihaus versetzte. Doch keine Geschichte aus Irland wäre wirklich glaubhaft, wenn sie nach dem Tod nicht noch etwas weitergehen würde.

Der Legende nach sollen Frauen aus der Umgebung den toten Carolan wieder ausgegraben haben, um in geheimer Zeremonie in seinem Totenschädel Milch zu kochen, welche sie ihren wenig potenten Ehemännern dann zum Trinken gaben. Selbst nach seinem Tod, soll er noch eine magische Wirkung auf die Menschen gehabt haben. Wie es der irischen Mentalität entspricht, tauchte irgendwann zwangsläufig ein zweiter Totenschädel auf. Dies schlägt sich in einem bekannten irischen Witz wieder, in dem ein amerikanischer Tourist nach Jahren beim gleichen Souvenirhändler den gleichen Totenschädel von Carolan zum Kauf angeboten sieht. Auf die Frage, wie es denn sein könne, habe er doch vor Jahren den Schädel erworben, der hier könne unmöglich der echte sein, antwortet der Händler gelassen: Sie haben vor Jahren den Totenkopf vom jungen Carolan erworben. Dieser hier stammt vom alten.“

Links:

„O’Carolan: The Life, Times, and Music of an Irish Harper“ von Donal O´Sullivan (Taschenbuch)
Bei Amazon bestellen

Empfohlene Harfen CDs

Thomas Breckheimer (O´Carolans Celtic Harp)
Homepage von Thomas Breckheimer

Patrick Ball
Homepage von Patrick Ball

Harpfestival 2010 Harp Festival

Fri, July 30th – Mon, Aug 1st 2010
O’Carolan Harp Festival

Carolan’s Dream

15 Pieces for Flute/Violin and Piano
Herausgeber: Patrick Steinbach / Bearbeiter: Wolfgang Löll
38 Seiten / DIN A 4 / mit Einzelstimmenauszug / inkl. CD
ISBN 978-7957-5859-2
2008, Schott-Verlag, Mainz
EURO 17,95